Sonntag, 6. Juni 2010

Warten auf die Rettug

Weil er sich nach einem Sturz nicht wohl fühlte, rief ein 52-jähriger Mann die 112 an. Auf Hilfe müsse er eine Stunde warten, sagte man ihm. Da griff eine Wittenerin ein.

Den kleinen Unterschied macht nur ein großer Buchstabe aus. RTW, das ist ein Rettungswagen, KTW ein Krankentransportwagen. Ein 52-jähriger Mann aus Annen, angetrunken und scheinbar verletzt, hatte das Pech, von der Kreisleitstelle der Feuerwehr in Schwelm für einen KTW-Transport eingeteilt zu werden. Wartezeit in diesem Falle: über eine Stunde!

Heidemarie Pfalz (59) aus der Husemannstraße bekam den Fall hautnah mit. Der Mann saß quasi vor ihrer Haustür, auf einem Mäuerchen. „Meine Tochter sagte. Dem geht es nicht so gut.“ Auf Nachfrage habe der Mann erklärt, er sei hingefallen und habe schon selbst einen Rettungswagen gerufen. Das könne aber eine Stunde dauern, sei ihm gesagt worden.
Es fing an zu regnen an diesem Sonntagabend. Noch mehr Zeit verging, kein Krankenwagen weit und breit. „Der Mann erzählte mir, er wohne auf der Annenstraße, sei Frührentner und herzkrank. Das Nitrospray hatte er in der Tasche“, erzählt Heidemarie Pfalz. Schließlich rief sie selbst die „112“ an, den Feuerwehr-Notruf des EN-Kreises in Schwelm. Dort habe man ihr mitgeteilt, der Mann sei nicht lebensgefährlich verletzt und könne warten. Weil nur zwei Krankenwagen im EN-Kreis im Einsatz seien, könne es auch anderthalb bis zwei Stunden dauern.Verletzter musste zum Rettungswagen laufen

Die Physiotherapeutin fuhr daraufhin selbst zur Rettungswache der Wittener Feuerwehr an der Dortmunder Straße, wo man ihr nach fünf Minuten ein Fahrzeug des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) zuteilte. Der Beamte auf der Wache habe noch zu ihr gesagt: „Sie haben wahrscheinlich die 112 angerufen. Sie müssen die 9230 wählen, dann landen Sie hier.“

Der Rettungswagen kam, womit die Sache für Heidemarie Pfalz aber noch nicht zuende war. Sie ist empört darüber, dass die beiden jungen Sanitäter den Mann aufgefordert hätten, selbst aufzustehen und zum RTW zu laufen. Heidemarie Pfalz: „Der kommt in die Schublade „angetrunken“ und fertig.“ Der ASB wollte sich gestern, ohne die beteiligten Sanitäter gehört zu haben, nicht zu dem Fall äußern.

Kreissprecher Ingo Niemann versichert, der Einsatz sei von der Leitstelle ordnungsgemäß abgearbeitet worden. Der Betroffene habe sich dort mit dem Hinweis gemeldet, nicht mehr laufen zu können, aber kein Geld für ein Taxi zu haben. Weil sein Zustand nicht lebensbedrohlich gewesen sei und beide Krankenwagen im Einsatz gewesen seien, habe man den Mann auf die Wartezeiten hingewiesen. Damit sei dieser auch einverstanden gewesen. Von Herzkrankheit sei da nicht die Rede gewesen. Niemann: „Der Mann ist später mit der Diagnose „alkoholisiert“ vom Krankenhaus nach Hause geschickt worden.“

Das Kurioseste: Am Ende waren sogar zwei Krankenwagen zu dem Mann in der Husemannstraße unterwegs. Nachdem der ASB losgefahren war, machte sich später auch noch ein Krankenwagen, der in Herdecke einen Einsatz fuhr, auf den Weg nach Witten.
Quelle: derWesten