Donnerstag, 29. Juli 2010

Untertitel

Es ist noch nicht so lange her, da war auch ich unreif und dem Titelwahn verhaftet.
Als es darum ging nach der Hauptschule den richtigen Bildungsweg einzuschlagen entschied ich mich nicht nur aus Neigung für die Höhere technischen Bundeslehranstalt. Die Aussicht dass meinen Grabsteinen neben dem Kürzel RIP auch ein wohlklingendes ING zieren würde, erleichterte die Weichenstellung.

Zahlreiche noch aus der Donaumonarchie überlieferte Amts- und Ehrentitel bereichern – neben den immer leichter zu erlangenden akademischen Graden – das gesellschaftliche Leben der Alpenrepublik. Komerzial- und Medizinalräte, Geheim- und Kanzleiräte, Schul,- Studien,- und Oberstudienräte, Kammersänger- und Schauspieler. Um Professor zu werden muss man nicht einmal eine Universität von innen gesehen haben. Der Bundespräsident kann diesen Titel verleihen. Professor Karl Moik oder Professor Udo Jürgens sind Beispiele dafür.
Was aber wenn es nicht gelingt einen so klangvollen Titel zu ergattern. Etwa einem in die Wolle gefärbter Parteisoldat nach Hämorrhoidenzerfetzenden Jahren in den hinteren Bänken des Landtags und bedingungslosen Wahlkampfeinsatz ohne Rücksicht auf Grundsätze. Soll er bis ans Ende seiner Tage als blosser Landtagsabg. a.D. durchs Leben gehen müssen?
Nein! Es gibt doch noch Gerechtigkeit. Auch das Land Oberösterreich darf Titel verleihen und „Konsulent“ ist - wenn auch wenig klangvolle - doch besser als gar nichts!

Bitte beachten sie bei der Recherche nach der Beutung des Begriffs, dass dieser in verschiedenen Zusammenhängen verwendet wurde. Wir in Oberösterreich meinen damit keineswegs jüdische Rechtsanwälte denen nach der Machtergreifung der Nazis die Anwaltszulassung entzogen wurde, sodass sie nur mehr jüdische Klienten eingeschränkt vertreten durften.

Der oberösterreichische Konsulent wird von der – natürlich oberösterreichischen – Landesregierung an Personen vergeben, die etwa im kulturellen Bereich besonderes geleistet haben. Mundartdichter aber auch Kapellmeister oder Chorleiter und Obmänner von Trachtenvereinen und Volkstanzgruppen werden damit gerner für ihr unermüdliches Hochhalten des Öberösterreichertums - der Heimatpflege - belohnt.

Eines Tages fanden sich in den Medien Berichte über einen Konsulenten namens Leo Pallwein-Prettner. Das rief mich auf den Plan. Ich fragte nach:

Die freundliche Dame vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung hatte den Namen scheinbar noch nie gehört und konnte ausschließen dass der Titel von ihrem Ressort an die fragwürdige Person vergeben worden war. Ein Journalistenfehler, vermutete sie. Schließlich sei im Internet nur ein Artikel über den Titelträger zu finden gewesen – die Übergabe eines Krankenwagens.
Ich wandte ein, dass schon mal jemand irrtümlich als Dr. bezeichnet würde, aber wohl kaum der - wenn auch wohlklingende aber doch recht skurile - Titel „Konsulent“ inflationär Verwendung fände.
Kurz darauf meldete sich die Dame abermals. Es war ihr offenbar ein Anliegen zu verifizieren ob die Betitelung rechtens sein. Nein der Herr habe den Titel nicht für Kultur verliehen bekommen aber die Kollegen des Sozialen habe sein segensreiche Wirken bereits 2009 mit dem Ehrentitel belohnt.

Wir erinnern uns:
27 Sept. 2009 Landtagswahlen in Oberösterreich.
Dr. Josef Pühringer bleibt Landeshauptmann.

Herzlichen Glückwunsch Herr Konsulent.