AMSTETTEN. Als ob der Verlust ihrer 17-jährigen Tochter durch einen Verkehrsunfall nicht schwer genug wiegen würde: Nach einer milden Verurteilung des Schuldigen mussten nun die Eltern des Mädchens auch noch zum Gerichtspsychiater und sind mit der Versicherung im Rechtsstreit um die Kosten des Grabsteins.
Am 20. August 2009 haben Günther und Claudia Wenzel aus St. Johann bei Amstetten ihre Tochter Jennifer zum letzten Mal lebend gesehen. Die Bürokauffrau fuhr wie gewohnt mit ihrem Opel Corsa zur Arbeit, um am Nachmittag wieder nach Hause zurückzukehren. Doch das Mädchen fuhr in den Tod.
Es war um 16.45 Uhr an einer Kreuzung in Amstetten-Mauer, als ihr ein Lkw-Lenker beim Linksabbiegen ohne zu Blinken den Vorrang nahm. Der Betonmischwagen rammte das Auto. Für die 17-Jährige kam jede Hilfe zu spät. Für die Eltern ein seelisches Trauma, und der Fortgang der Ereignisse trug nicht dazu bei, dieses zu lindern. Zunächst das Entsetzen über das milde Urteil: Der Lkw-Lenker wurde wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 17 Euro, insgesamt 3400 Euro verurteilt. Die Eltern werden mit ihren Ansprüchen – Begräbniskosten und Trauerschmerzensgeld – auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Nur 114 Euro Notarkosten spricht das Bezirksgericht Amstetten zu.
Eine Woche nach dem Urteil erfahren die Eltern, dass die Staatsanwaltschaft keine Rechtsmittel gegen das Urteil plant. Die Versicherung lehnt das Trauerschmerzensgeld ab: Bei einer Vorrangverletzung liege keine grobe Fahrlässigkeit vor. Die Grabkosten seien mit 9300 Euro zu hoch, schreibt die Versicherung. Es handle sich um ein Familiengrab, es sei ja nur ein Einzelgrab zu ersetzen. Die Eltern lassen sich vom Pfarramt schriftlich bestätigen, dass auf dem Friedhof nur Doppelgräber zulässig sind. Die Versicherung will nur 5000 Euro zahlen. Es kommt zum Prozess.
Das Zivilgericht will die Eltern zum Gerichtspsychiater schicken. Der soll klären, ob die Eltern durch den Tod ihrer Tochter seelische Beeinträchtigungen erlitten haben, „denen Krankheitswert zukommt“. „Wir haben den 85 Jahre alten Psychiater abgelehnt, weil diese Frage ein klinischer Psychologe klären soll“, sagt Helmut Leitner, der Linzer Rechtsanwalt der Familie. Heuer im September enthebt das Gericht den Sachverständigen von seinem Gutachtensauftrag. Die Eltern wollen von der Versicherung 45.000 Euro, inklusive Prozesskosten. Die Gegenseite will nur 25.000 Euro zahlen.
40.000 Euro Spende
„Jennifer ging das Schicksal kranker Kinder nahe. Wir wollen, dass das Geld für Schmetterlingskinder gespendet wird“, sagt Günther Wenzel. Nun heißt es aus der Versicherung, man sei bereit, 40.000 Euro auf ein Spendenkonto zu zahlen: für ein SOS-Kinderdorf. „Wer sagt mir, dass dieses Geld nicht von vornherein für das Kinderdorf bestimmt war? Wieso werden unsere Wünsche nicht berücksichtigt?“, fragt sich der Vater.
Quelle: ooeNachrichten