Österreich: Österreichs freiwillige Retter geraten im Jahr der Freiwilligen unter Druck. Für Zündstoff sorgen Sicherheitsfirmen, die nun auf den Rettungs- und Brandschutzmarkt drängen.
Ohne sie würde nichts gehen: Drei Millionen der über 15-jährigen Österreicher sind laut Statistik Austria bei Organisationen wie Feuerwehr, Rettung oder in der Nachbarschaftshilfe aktiv. Das sind 44 Prozent der Bevölkerung - oder doppelt so viel wie im EU-Durchschnitt. Besonders engagiert sind die Freiwilligen in den Einsatzorganisationen, die flächendeckend Rettungsdienste, Katastrophenschutz und Zivilschutz wahrnehmen. Diese Gruppe will die EU in diesem Jahr mit einer groß angelegten Kampagne feiern und fördern.
Das Interesse an den Freiwilligen kommt nicht von ungefähr. Große Organisationen, wie die freiwilligen Feuerwehren, gibt es nur im deutschsprachigen Raum und in Teilen der ehemaligen Donau-Monarchie. In anderen Ländern werden dagegen Brandschutz und Krankentransport von Berufsfeuerwehren, -rettungen und privaten Firmen wahrgenommen. Der Haken daran: Sie konzentrieren sich auf die Ballungsräume. Der Katastrophenschutz wird von den Firmen vernachlässigt.
Nun wird teilweise umgedacht. Nach den großen Waldbränden mit Todesopfern im vergangenen Jahr 2010 versucht etwa Griechenland ein Netz von freiwilligen Feuerwehren zu installieren - vorerst nur mit bescheidenem Erfolg.
Für Österreichs Freiwillige kommt die EU-Kampagne genau zum richtigen Zeitpunkt. Denn sie sehen sich gerade in diesen Tagen von jenen privaten Sicherheitsfirmen bedroht, die unter dem Deckmantel der Wettbewerbsfreiheit auf den österreichischen Markt drängen. Dazu zählt der dänische Konzern Falck. Diese Firma sorgte zuletzt in Tirol für große Aufregung. Im vergangenen Sommer 2010 hatte die Tiroler Landesregierung den Rettungsdienst europaweit ausgeschrieben. Falck legte ein Angebot und verwies auf seine Tätigkeiten in Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Belgien und der Slowakei. Eine Tiroler Bietergemeinschaft bestehend aus Rotem Kreuz, Arbeiter-Samariterbund, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hospitaldienst und Österreichischem Rettungsdienst hielt dagegen und setzte sich am Ende durch. Das war zugleich Rettung in letzter Sekunde. Ein Zuschlag an Falck hätte für das Tiroler Rote Kreuz mit seinen 4000 Freiwilligen und 500 Hauptamtlichen nach 100-jähriger Geschichte wohl das Ende bedeutet. Die Freiwilligen sehen im Falle der Privatisierung insbesondere beim Rettungsdienst eine große Gefahr für den ländlichen Raum. Denn über den gewinnbringenden Patiententransport wird der Notarztdienst am Land mitfinanziert. Dass eine private Firma auch so handeln würde, will niemand glauben.
Auch private Feuerwehren?
Auch Österreichs Freiwillige Feuerwehren wittern Gefahr. Denn Falck betreibt in mehreren europäischen Ländern auch Privatfeuerwehren für Kommunen und Großbetriebe. In Österreich soll es bereits Verhandlungen mit großen Firmen geben. Druck verspüren die Freiwilligen Feuerwehren auch durch den Rechnungshof. Der kritisierte zuletzt die vielen kleinen und gleichzeitig schlecht ausgelasteten Feuerwehren.
Josef Buchta, der Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes, wehrt sich nun mit guten Argumenten gegen Rationalisierungs- und Privatisierungstendenzen. Die kleinen, angeblich "unausgelasteten" Feuerwehren stellen beim Katastrophenschutz das Gros der Truppe. Buchta: "Keine private Firma ist in der Lage, bei den immer öfter auftretenden Katastrophen innerhalb kürzester Zeit Tausende Freiwillige aufzubieten. Damit setzt man die Sicherheit vieler Menschen aufs Spiel." Dass die kleinen Feuerwehren die letzten Institutionen sind, die in Landgemeinden den sozialen Zusammenhalt sichern, sei zudem ein wichtiger Nebeneffekt.
Quelle: Fireworld