Mittwoch, 19. Januar 2011

Hungerlohn

LINZ. Sollte die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst abgeschafft werden, müsse ein „verpflichtendes Sozialjahr“ eingeführt werden, fordert Oberösterreichs Rotkreuz-Präsident Leo Pallwein-Prettner.

Andernfalls sehe er den Rettungsdienst seiner Organisation gefährdet, sagt Pallwein-Prettner im OÖNachrichten-Gespräch. 578 Zivildiener wurden dem Roten Kreuz in Oberösterreich im Jahr 2010 zugeteilt (siehe Grafik) – nahezu alle waren im Rettungsdienst tätig. Nicht nur, dass man diese Zahl mit Freiwilligen nie erreichen werde, es falle auch jegliche Planbarkeit weg. „Wir müssten jedes Jahr zittern, dass sich genügend Freiwillige melden“, sagt Pallwein-Prettner.

Zudem brächte das Freiwillige Sozialjahr, das Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP) am Mittwoch als allfälligen Ersatz für den Zivildienst präsentiert hatte, ein Zweiklassen-System, sagt Pallwein-Prettner: „Wir hätten bezahlte Freiwillige nach dem Hundstorfer-Modell und wie bisher unsere ehrenamtlichen Freiwilligen ohne Bezahlung. Ich habe Angst, dass uns Letztere dann gehäuft verlassen.“

Oberösterreichs Caritas-Direktor Mathias Mühlberger würde dagegen eine Aufwertung des Freiwilligen Sozialjahres begrüßen. Dass damit freilich ein Entfall des Zivildienstes kompensiert werden kann, glaubt auch er nicht. Der Caritas Oberösterreich waren im Vorjahr 110 Zivildiener zugeteilt, die unter anderem in der Alten- und Behindertenbetreuung eingesetzt wurden. „Da werden wir – unabhängig von allfälligen Freiwilligen – noch eine zusätzliche finanzielle Absicherung brauchen“, sagt Mühlberger.

Für eine grundsätzlich sinnvolle Alternative zu Wehr- und Zivildienst hält Volkshilfe Österreich-Präsident Josef Weidenholzer das Modell eines aufgewerteten Freiwilligen Sozialjahres. „Wir haben jetzt schon viele Personen, die sich dafür interessieren würden – bei den meisten scheitert es aber daran, dass sie sich ein solches Jahr nicht leisten können.“

Derzeit gibt es für das Freiwillige Sozialjahr ein Taschengeld von 180 bis 280 Euro pro Monat, dazu 150 Euro Ersatz der Familienbeihilfe für jene, denen sie zusteht. Dazu kommen Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Nach Hundstorfers Modell soll beim Freiwilligen Sozialjahr Neu 14 Mal der Mindestkollektivvertragslohn für Gesundheitsberufe (derzeit rund 1300 Euro brutto) bezahlt werden.