Mittwoch, 16. Februar 2011

ASB überwachte Mitarbeiter

Mitarbeiter des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in der Region Mannheim sind offenbar über Jahre hinweg systematisch von einer privaten Sicherheitsfirma im Geheimen überwacht worden. Das bestätigte auf Anfrage des "MannheimerMorgen" der ASB-Landesgeschäftsführer Lars-Ejnar Sterley, der sich zugleich ausdrücklich davon distanzierte: "Wir sind entsetzt". Verantwortlich dafür sei, sagt Sterley, Roland Weiß der im Oktober als Regionalgeschäftsführer fristlos entlassen worden war.

Seither nehmen Mitarbeiter der ASB-Landesgeschäftsstelle die gesamten Geschäftsunterlagen des Mannheimer ASB unter die Lupe. "Im Zuge der Recherchen bezüglich der Verfehlungen" von Weiß sei man, so Sterley, dann auf Rechnungen einer Firma gestoßen, die sich als "Bewachungsunternehmen/Detektei" bezeichnet.
Sie lauten mal auf "Schließdienst gemäß Auftrag", mal auf "Dienstleistungen laut Gewerbeordnung" und belaufen sich auf Größenordnungen zwischen 400 und 1200 Euro. Angeheftet seien aber teilweise Obervierungsberichte, Fotos und Protokolle, die auf eine gezielte Überwachung einzelner Mitarbeiter innerhalb und außerhalb der Dienstzeit schließen lassen.

Betroffen seien Mitarbeiter aus der Verwaltung ebenso wie Pflegekräfte, "es sind Männer und Frauen, ganz kreuz und quer", so Sterley. Darunter sei auch jene Frau, die Weiß vorwarf, von ihm sexuell belästigt worden zu sein - was neben finanziellen Unregelmäßigkeiten einer der Gründe für die fristlose Kündigung war. Insgesamt habe man schon die Nachweise für acht Fälle, "aber wir gehen davon aus, dass noch mehr Mitarbeiter betroffen waren", so Sterley. Dort, wo der ASB-Landesverband auf Namen in den Unterlagen stieß, schrieb er die Betroffenen an und informierte sie direkt und bat sie zugleich offiziell um Entschuldigung. Auch den Betriebsrat schaltete Sterley ein. Man wolle jetzt, nachdem man darauf gestoßen sei, "offen mit dem Thema umgehen, auch wenn wir uns der Brisanz der Sache bewusst sind", so der ASB-Landesgeschäftsführer.
"Wir distanzieren uns"

Er versicherte ausdrücklich, dass weder der ASB-Landesvorstand noch die Landesgeschäftsführung Kenntnis von den Vorgängen hatten. "Wir distanzieren uns ausdrücklich, da dies nicht mit den gängigen Führungsprinzipien im ASB vereinbar ist", betonte Lars-Ejnar Sterley: "Diese Handlungen sind weder rechtmäßig noch entsprechen diese unserem Verständnis einer vertrauensvollen Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung", schrieb er den Betroffenen. Dass in den aufgefundenen Unterlagen als Begründung für die Überwachung teilweise der Verdacht der Schwarzarbeit auftauche, hält er für "fadenscheinig". Der - wie Weiß im Oktober fristlos entlassene - Personalleiter habe ihm schriftlich versichert, die Anweisung zur Observierung sei stets von Roland Weiß ausgegangen.

Weiß bestätigte das auf Anfrage des "MM": "Das war kein Massenphänomen, aber wir haben das in den letzten Jahren in begründeten Einzelfällen gemacht". Der Landesverband sei da nicht einbezogen worden. "Aber wir haben uns die Entscheidung jeweils nicht leichtgemacht", so Weiß. Als Arbeitgeber sei man "manchmal gezwungen, zu allen rechtlichen Möglichkeiten zu greifen". So habe es Fälle gegeben, in denen Mitarbeiter, die sich krankgemeldet hätten, in einem Kosmetikstudio oder einer Kneipe arbeiteten. Einmal habe man per Überwachung belegen können, dass ein offiziell kranker Mitarbeiter gegen Entgelt fremde Autos repariert habe - und sich dann sofort von ihm getrennt. Bisher habe ihn der ASB-Landesverband nicht auf die Vorwürfe angesprochen, auch den Entschuldigungsbrief an die Mitarbeiter kenne er nicht, sagte Weiß.

Quelle: Peter W. Ragge Mannheimer Morgen am 12. Februar 2011