Smog, verseuchte Erde, verdrecktes Trinkwasser: Die Liste der Umweltprobleme in China ist lang. Laut einem aktuellen Bericht ist mehr als die Hälfte des Trinkwassers ungenießbar, 16 Prozent der Böden sind hochgradig belastet.
In China sind rund 60 Prozent des Grundwassers zu verschmutzt, um es zu trinken. Bei Messungen im vergangenen Jahr fiel die Qualität in 203 Städten als "sehr schlecht" oder "ziemlich schlecht" durch, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtet.
Der Anteil des Grundwassers, der nicht direkt getrunken werden sollte, stieg der jährlichen Erhebung des Ministeriums für Land und Ressourcen zufolge gegenüber dem Jahr 2012 von 57,4 auf 60 Prozent. Trinkwasserknappheit könnte sich in den kommenden Jahrzehnten zu einem ernstzunehmenden Sicherheitsrisiko entwickeln.
Der Wirtschaftsboom in China führt zu dramatischen Umweltschäden, die Luft und das Wasser sind verdreckt. Das Umweltministerium schätzte in der vergangenen Woche, dass neben den Grundwasserreserven auch 16 Prozent der Böden hochgradig mit Schadstoffen belastet sind. Fast ein Fünftel des Ackerlands sei mit nicht organischen Elementen wie Kadmium vergiftet.
Gefahr für den Frieden
Noch im Februar hatten Experten im Earth Security Index darauf hingewiesen, dass China und Indien, die zusammen mehr als ein Drittel der Weltbevölkerung stellen, schon bald ein massives Wasserproblem bekommen könnten. In China sei mehr als die Hälfte des Grundwassers mit Rückständen aus Industrie und Viehhaltung verdreckt, hieß es damals. Mit steigender Tendenz, wie sich heute zeigt.
Die schlechte Wasserqualität wirkt sich nicht nur auf die direkte Trinkwasserversorgung der Menschen aus, sondern auf die gesamte Nahrungsmittelproduktion. Durch die Belastung mit Schwermetallen würden nach Schätzungen des zuständigen chinesischen Ministeriums jährlich rund zehn Millionen Tonnen Getreide vernichtet und zwölf Millionen kontaminiert. Immer wieder werden riskante Schadstoffbelastungen in Lebensmitteln bekannt. "Zudem plant China einen 75-prozentigen Anstieg der Stromgewinnung durch Kohle", erklärte Alejandro Litovsky, Chef der Earth Security Initiative im Februar. "Und die meisten neuen Kraftwerke sollen in Gebieten mit ohnehin belasteter Wasserversorgung entstehen."
Neben China und Indien kämpfen der Nahe Osten sowie Nordafrika um eine gesicherte Trinkwasserversorgung. In den kommenden Jahrzehnten könnte sich die Situation noch verschärfen. Bevölkerungswachstum und der wirtschaftliche Aufstieg der Schwellenländer fordern immer mehr Ressourcen. Neben erheblichen Versorgungsproblemen der Bevölkerung mit Trinkwasser und Nahrung, könnte Trinkwassermangel langfristig auch zu ernsten Sicherheitsproblemen führen - bis hin zu Kriegen um sauberes Trinkwasser.
Regierung im "Krieg gegen Umweltverschmutzung"
Am Mittwoch kündigte China an, weiter daran zu arbeiten, bis 2015 Abgase zu verringern und die Energie-Effizienz zu erhöhen. In den Jahren 2011 und 2012 sei das Land durch das starke wirtschaftliche Wachstum unter den Erwartungen geblieben. Die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Erde hatte immer wieder versprochen, die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden einzudämmen. Schon im vergangenen Jahr musste sie aber eingestehen, dass es schwer wird die Energie- und Abgasziele des aktuellen Fünfjahresplans einzuhalten - dieser endet 2015.
China landet regelmäßig mit akuten Umweltproblemen in den Schlagzeilen. Zuletzt für Empörung und kurzzeitige Panik in der Bevölkerung sorgte Anfang April ein Skandal in der westlichen Stadt Lanzhou. Dort wurde nach Berichten von Staatsmedien im Trinkwasser eine extrem hohe Belastung mit Benzol festgestellt: Der Wert stieg auf 200 Mikrogramm Benzol pro Liter, das 20fache des in China gültigen Grenzwerts. Schuld an dem Skandal soll eine Tochterfirma der staatlichen China National Petroleum Company gewesen sein. Aus einer ihrer Pipelines soll Öl ins Trinkwasser gelangt sein. Als der Vorfall bekannt wurde, kam es zu Hamsterkäufen. Das Wasser in den Supermärkten war rasch ausverkauft.
Noch kurz vor dem Vorfall hatte Ministerpräsident Li Keqiang im März 2014 unter dem Druck der Öffentlichkeit einen "Krieg gegen Umweltverschmutzung" ausgerufen. Damals hatte Smog den Menschen zu schaffen gemacht. 1,2 Milliarden Euro will die Regierung 2014 im Kampf gegen die Luftverschmutzung ausgeben. Li kündigte zudem an, dass in diesem Jahr rund sechs Millionen Autos von den Straßen verschwinden sollen, deren Abgasausstoß zu hoch sei. Chinas Energieverbrauch solle gedeckelt werden, sagte Li. Zudem würden weitreichende Maßnahmen zum Schutz von Gewässern, Böden, Feuchtgebieten sowie Wäldern und Grünland ergriffen. Die Zeit drängt.
Quelle: jme/AFP/Reuters via Spiegel-online
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