Sonntag, 18. Dezember 2011

schallende Ohrfeige

Das Freiwilligengesetz ist ein "Schlag ins Gesicht" der Zivilgesellschaft findet das Rote Kreuz.


Teilnehmer am Freiwilligen Sozialjahr nur für "sinnlose, unnötige Aufgaben"

Wien (OTS/ÖRK) - "Die Regierungsvorlage über ein Gesetz zur Erleichterung und Förderung der Freiwilligkeit ist eine herbe Enttäuschung für Freiwilligen-Organisationen und die Zivilgesellschaft". Das erklärt Fredy Mayer, Präsident und oberster Freiwilliger des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK). Das ÖRK ist mit 55.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern die größte humanitäre Freiwilligenorganisation des Landes.

Die Regierungsvorlage soll nächste Woche im Ministerrat beschlossen werden. Im Kern regelt sie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). "Prinzipiell ist das eine sinnvolle Einrichtung, deren gesetzliche Verankerung wir begrüßen" , so der Rotkreuz Präsident. Die jetzt beabsichtigte Regelung wurde vom Roten Kreuz schon im Rahmen der Begutachtungsfrist kritisiert, offensichtlich ohne Wirkung: "Zunächst ist die Zielgruppe des Gesetzes - Jugendliche ab 17 Jahre - zu kurz gegriffen", sagt der Rotkreuz-Präsident.
Maturanten oder Erwachsene, die vor einer beruflichen Umorientierung stehen, aber auch Pensionisten, die sich ehrenamtlich betätigen wollen, fallen nicht in seinen Geltungsbereich.

Vor allem aber dürften Absolventen des FSJ generell keine Tätigkeiten ausüben, die auch von bezahlten Dienstnehmern übernommen werden können. "Das bedeutet im Klartext nicht nur: FSJ-Teilnehmer dürfen nur für sinnlose, unnötige Aufgaben eingesetzt werden", so der Rotkreuz-Präsident. Er befürchtet außerdem ein Übergreifen dieser Arbeitsmarktneutralität auf die klassische Freiwilligenarbeit. Allein im Roten Kreuz leisten 55.000 Freiwillige mehr als 10 Millionen professionelle Stunden Dienst im Jahr. "Sollen wir sie alle nach Hause schicken, weil sie nicht arbeitsmarktneutral sind?", fragt Fredy Mayer. Trägerorganisationen wären aufgrund der Arbeitsmarktneutralität einem permanenten Klagsrisiko ausgesetzt: Viele FSJ-Absolventen könnten als Dienstnehmer anerkannt werden wollen.

Auch den Zweck der Berufsorientierung für jüngere Menschen erfülle das Gesetz aus diesem Grund nicht, so der Rotkreuz-Präsident. "Wie soll jemand durch Freiwilligenarbeit Kompetenzen erwerben, wenn sie oder er nur Tätigkeiten ausüben darf, nach denen gar kein Bedarf besteht?"

Schließlich sei noch angemerkt, dass sich die Regierungsvorlage überwiegend mit dem FSJ beschäftigt, das derzeit rund 400 junge Menschen absolvieren. Laut Freiwilligenbericht engagieren sich aber rund drei Millionen Österreicherinnen und Österreich für die Gesellschaft. "Das ist wohl der falsche Fokus im Jahr der Freiwilligen", so Präsident Mayer abschließend.
Quelle: Rotes Kreuz