Mittwoch, 10. Juli 2013

Riesenwelle

LINZ. Die Ergebnisse des Gipfelgesprächs im Linzer Landhaus: Die Welle von Goldwörth bleibt ein Rätsel, alle Bürgermeister waren informiert.

Der Braune Saal im Linzer Landhaus war prall gefüllt. Rund 30 Experten und ebensoviele Politiker vom Land und von betroffenen Gemeinden diskutierten öffentlich, wenn auch ob der Akustik schlecht verständlich, die große Flut Anfang Juni. Zwei Fragen wurden gut hörbar beantwortet.

Erstens: Die Flut im Eferdinger Becken in der Nacht auf 4. Juni war laut Experten so nicht vorhersehbar. Zweitens: Der Vorwurf einiger Bürgermeister, sie seien nicht rechtzeitig informiert worden, wurde von Feuerwehren, Bezirkshauptleuten und dem Krisenstableiter entkräftet.

Die große Flut im Eferdinger Becken in der Nacht von 3. auf 4. Juni.

Auch nach dem Gipfel gibt es keine Erklärung dafür, warum etwa in Goldwörth der Pegelstand innerhalb von wenigen Stunden um bis zu 110 Zentimeter angestiegen ist. Laut vorliegenden Informationen sei dies nicht zu verhindern gewesen, bestätigten Landesfeuerwehrkommandant Wolfgang Kronsteiner, Verbund-Vertreter Roland Schmalfuß und Krisenstableiter Michael Gugler. Eine mögliche Erklärung könnte der Rückstau des Wassers von Pesenbach und Rodl sein, der sich mit dem zuströmenden Wasser aus der Donau vermengt hat. Umweltlandesrat Rudi Anschober lässt gerade ein Modell erarbeiten, das die Entwicklung der Flut als Film darstellen soll. Ende Juli soll er fertig sein.

Alle Bürgermeister waren über die Pegelstände laufend informiert.

Dies zeigt das Protokoll des Krisenstabs. Die Feuerwehrkommandanten wurden direkt informiert, man ist davon ausgegangen, dass diese auch die Ortschefs einbinden.

Die Rolle des Kraftwerksbetreibers Verbund in Aschach und Ottensheim.

Der Verbund sei zu wenig in die Krisenkommunikation eingebunden gewesen, sagen viele. Stimmt nicht, man habe sehr wohl permanent kommuniziert, sagt Roland Schmalfuß. Bezirkshauptmannschaften und die Polizeiinspektion Gallneukirchen wurden informiert. Dass E-Mails mit Pegelständen verschlampt worden sind, gab er zu: „Allerdings nicht lange.“

Die Wehrbetriebsordnung wurde eingehalten – was heißt das?

Franz Jäger vom Lebensministerium erklärte in kurzer Form die Wehrbetriebsordnung. Sie regelt die Kraftwerke im Hochwasserfall und darf keine Verschlechterung gegenüber dem Naturzustand (ohne Kraftwerk) bringen. Man könne nicht das Wasser absenken, um das Hinterland zu schützen, wenn dadurch die Unterlieger geflutet würden.

„Wir wollen nicht das Aquarium der Zukunft sein“

Zahlreiche Bürgermeister des vom Hochwasser besonders betroffenen Eferdinger Beckens meldeten sich im Braunen Saal ebenfalls zu Wort. Johann Müllner, VP-Bürgermeister der zur Gänze gefluteten Gemeinde Goldwörth, meinte zum Hochwasser-Gipfel: „Ich stelle fest, dass alles andere wichtiger ist als der Mensch. Das hat mich heute schockiert. Wir müssen die Menschen schützen und nicht die Technik.“

Den Goldwörthern gehe es wieder einigermaßen gut. Größere Probleme gebe es noch in den tieferen Lagen, etwa in Hagenau. Müllner: „Viele wissen nicht, ob sie noch in den Wiederaufbau investieren sollen oder ob eine Absiedelung möglich sein wird.“ Er ist froh, dass Landesrat Rudi Anschober ein beschleunigtes Modell anwenden will, denn: „Man muss der Realität ins Auge schauen und kann nicht sagen, so etwas passiert nicht mehr. Es geht mir aber um den ganzen Ort und um das Eferdinger Becken. Wir wollen nicht das Aquarium der Zukunft sein, wir wollen wieder leben können.“

Feldkirchens Bürgermeister Franz Allerstorfer (SP) sagte: „Das Eferdinger Becken darf kein Retentionsbecken sein. Ich schlage vor, die Überstromstrecke entlang der Donau zu erhöhen, weil es da noch Spielraum gibt.“ Ottensheims Bürgermeisterin Ulrike Böker, die in der Flutnacht zum 4. Juni einen verzweifelten Notruf an den Krisenstab abgesetzt hatte, war froh, „dass die Vorgänge während dieser Nacht wenigstens erklärt worden sind“.

Der Ortschef von Pupping, Hubert Schlucker (VP), forderte ein besseres Warnsystem: „Es muss stündlich Durchsagen im Radio geben.“

Flut-Nebenfront: Eidenberger versus Pühringer

Wer wusste was und wer nicht? Diese Frage wurde auch gestern wieder zwischen dem Waldinger Bürgermeister und SPÖ-Landtagsabgeordneten Josef Eidenberger und Landeshauptmann Josef Pühringer diskutiert. Eidenberger wiederholte beim Gipfel einmal mehr, dass er und auch sein Feuerwehrkommandant „zu keinem Zeitpunkt“ offizielle Informationen über die Pegelstände der Donau bekommen hätten. Er könne das „eidesstattlich erklären“.

Aussage gegen Aussage

Allerdings: Sowohl der Krisenstabsleiter Michael Gugler als auch der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung, Paul Gruber, widersprachen der Darstellung. Laut Einsatzprotokoll sei klar ersichtlich, dass Eidenberger informiert gewesen ist, sagte Gugler. Pühringer dazu: „Ich gehe davon aus, dass ein Bürgermeister im Katastrophenfall mit seinem Feuerwehrhauptmann redet. Das ist Normalzustand. Mir wurde bestätigt, dass Eidenberger jede Information bekommen hat, die er gewünscht hat. Es steht Aussage gegen Aussage. In diese Auseinandersetzung mische ich mich nicht ein.“


Drei Fragen an Josef Pühringer

Landeshauptmann, nach dem Hochwassergipfel im Landhaus

1. Herr Landeshauptmann, gerade ist der Hochwasser-Gipfel nach fünf Stunden zu Ende gegangen. Wie schaut Ihr Resümee aus?

Grundsätzlich positiv. Wer geglaubt hat, dass jetzt alle Probleme gelöst sind, der hat falsche Erwartungen gehabt. Es sind in voller Transparenz die Dinge auf den Tisch gelegt worden. Wir werden dort rasch handeln, wo die Bevölkerung besonders hart getroffen worden ist. Soll ich aussiedeln, soll ich nicht aussiedeln. Haben wir eine Chance auf Schutzwasserbauten.

2. Welche konkreten Möglichkeiten sehen Sie nach der Flut im Juni, den bestehenden Hochwasserrahmenplan zu adaptieren?

Es hat sich gezeigt, dass große Adaptierungen nicht notwendig sind. Feuerwehren, Krisenstab, Fachabteilungen und Bezirkshauptmannschaften haben heute klargestellt, dass alle informiert worden sind. Wenn es Fehler gegeben hat, werden wir das rasch ändern.

3. Die Kommunikation mit dem Verbund ist verbesserungswürdig, sagen viele.

Der Verbund ist dazu bereit, das ist sehr gut. Es muss genau nachvollzogen werden, ob das Handeln des Verbunds in allen Punkten rechtskonform war. In den Krisenstab kann man den Verbund nicht nehmen. Das ist keine Behörde.

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