Montag, 1. Juli 2013

Opferbereitschaft

Verbund flutete Eferdinger Becken absichtlich

Der Kraftwerksmanager will rechtzeitig Bescheid gesagt haben, doch das Krisenmanagement widerspricht: Man habe keine Möglichkeit gehabt, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen.

Der Verbund bestätigt am Samstag, dass die Flutung der Region oberhalb des Donaukraftwerkes Ottensheim in den Bezirken Eferding und Urfahr-Umgebung beim Hochwasser Anfang Juni absichtlich erfolgte. Das sei so in der Wehrordnung vorgesehen, erklärte ein Verbund-Sprecher am Samstag gegenüber dem ORF-Servicemagazin "Heute Konkret". Das Krisen- und Katastrophenmanagement des Landes Oberösterreich war von der Flutung nicht informiert, sagte Michael Gugler von der Direktion für Inneres und Kommunales des Landes.
Es habe daher keine Möglichkeit mehr bestanden, die Bevölkerung rechtzeitig zu warnen oder zu evakuieren.

Zuletzt hatte der Verbund die Kritik von Bürgermeistern und Anrainern an einem absichtlichen Fluten noch als "Fehlinterpretation" der Wehrordnung zurückgewiesen. Der Leiter der Werksgruppe Obere Donau vom Verbund, Reinhard Kremslehner, sagte jetzt aber: "In Ottensheim liegen wir in einer Beckenlandschaft. Dort wird so gefahren, dass die Überströmstrecken und ein kontrolliertes Fluten des Hinterlandes, entsprechend der Wehrordnung, eingeleitet wird."

Hätte Eferding evakuieren sollen

Die Frage, ob es daher klar sei, dass es dadurch im Eferdinger Becken zu Hochwasser kommen werde, bejahte der Werksgruppenleiter. Er stimmte auch der Aussage zu, dass man Evakuierungsmaßnahmen einleiten hätte sollen. Doch dafür sei der Verbund nicht zuständig, die vorgeschriebene Alarmierung sei an das Land weitergeleitet worden.

Stimmt nicht, sagt das Krisenmanagement des Landes Oberösterreich. Man habe sich an den Informationen des Hydrografischen Dienstes des Landes Oberösterreich orientieren müssen, weil Nachfragen beim Verbund mit Hinweis auf die Wehrbetriebsordnung nicht beantwortet wurden, so Gugler.

Informationen des Hydrografischen Dienstes seien hingegen an die behördlichen Einsatzleitungen in den Bezirken und die Technische Einsatzleitung in der Landeswarnzentrale weitergegeben worden, stellte Gugler fest. Sie seien auch jederzeit von allen Beteiligen beziehungsweise der Bevölkerung über die Homepage des Landes Oberösterreich und dem Hydrografischen Dienst abrufbar gewesen.

Die Einsatzleitung habe daher - was die Entwicklung des Wasserstandes im Eferdinger Becken betrifft - auch keine anderen Schlüsse ziehen können. Es habe davon ausgegangen werden müssen, dass sich der Pegel im Eferdinger Becken ähnlich wie der Pegel Linz verhält. Gugler betonte zudem, dass es von der behördlichen Einsatzleitung keine Einflussnahme auf die Kraftwerke gegeben habe, den Pegel Linz zu beeinflussen um die Stadt zu schonen.

"Nicht nächtens feige absaufen lassen"
Einer der Kritiker des Verbundes, der Bürgermeister von Walding Josef Eidenberger (SPÖ), sieht sich nun bestätigt: Dass Wasser Platz brauche sei keine Frage, aber "wenn das strategische Konzept vor hat, das Eferdinger Becken künftig als Überflutungszone zu sehen, dann muss man das den Leuten vorher sagen und sie nicht nächtens ganz feige absaufen lassen".

Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) reagierte verärgert auf die Wendung in dem Fall. Er hätte sich "diese klaren Worte des Verbunds gleich zum Zeitpunkt der Katastrophe gewünscht, denn dann hätten sich die Menschen anders darauf einstellen können", sagte er zum ORF Oberösterreich. Er habe diese Informationen nicht gehabt. Es werde aber genau zu prüfen sein, ob Mitarbeiter des Landes diese Informationen bekommen hätten. Er könne sich nicht vorstellen, dass jemand bewusst Daten nicht weitergegeben hätte.

Anschober: Hochwasser gewaltiger als angenommen
Der oberösterreichische Umweltlandesrat Rudi Anschober (Grüne), erläuterte, seit Errichtung des Kraftwerkes Ottensheim 1970 sei die Donau im Bereich des Eferdinger Beckens mit "Überströmstrecken" ausgestattet, die auch im damaligen Genehmigungsbescheid des Landwirtschaftsministeriums verbindlich vorgeschrieben seien. Diese würden ab einem bestimmten Niveau eines Hochwassers aktiv. Im damaligen Genehmigungsverfahren seien alle Anrainergemeinden beteiligt gewesen. "Heute stellt sich die Frage, warum über dieses seit 43 Jahren bestehende Faktum die Bevölkerung offensichtlich unzureichend informiert wurde und warum in Teilbereichen jahrzehntelang zusätzliche Bauten zugelassen wurden", stellte er fest.

Anschober ergänzte, die bisher ausgewerteten Daten zur Aufarbeitung des Hochwassers würden zeigen, dass es wesentlich gewaltiger gewesen sei, als bisher angenommen. Nach einer Informationsveranstaltung in Goldwörth Freitagabend mit hunderten Betroffenen hätten viele ihr Interesse an freiwilligen Absiedelungen deponiert. Laut ersten Untersuchungsergebnissen sei das Grundwasser im Eferdinger Becken teilweise bakteriologisch belastet und das Wasser vieler Brunnen weise daher nicht Trinkwasserqualität auf. Es handelt sich um geschätzte 800 Hausbrunnen.

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