Mittwoch, 6. April 2011

Zuwendung

BERNBURG/MZ. Der Alarm kann zu jeder Zeit kommen. Sie sind, sagen die freiwilligen Feuerwehrleute in der Umgebung von Bernburg, eben immer in Bereitschaft. Stets mit einem Bein in den Einsatzstiefeln. Damit leben sie. Jetzt aber grummelt es unter den Floriansjüngern. Der Grund: Anders als in den per Gemeindegebietsreform neu zu Bernburg hinzugekommenen Ortswehren zahlt die Stadt den Mitgliedern in der freiwilligen Stadtfeuerwehr Bereitschaftsgeld.
Alle sechs Wochen im Schnitt haben je sieben Mann für eine Woche zwischen 22 und 6 Uhr Bereitschaft, bekommen dafür zehn Euro am Tag. Zusätzlich werden Feuerwehrleute - das aber dann auch in den Ortswehren - mit zehn Euro pro Einsatz entschädigt.
"Freiwilligkeit verkauft"

Die Konsequenz: Zum einen klagen die Ortswehren, damit werde "die Freiwilligkeit verkauft". Sie fordern die Abschaffung des Bereitschaftsgeldes. Andererseits hat jenes offenbar aber auch zu einer Abwanderung von Kameraden nach Bernburg geführt. So sagte es Niels Hammermann, ein Feuerwehrmann aus dem Ortsteil Peißen, bei der Jahreshauptversammlung. "Eine Woche Bereitschaft und jeden Tag ein Einsatz, das macht 140 Euro", rechnete er vor. 253 Einsätze hatten die Bernburger 2010.

Und in der Tat haben sie Zuwachs bekommen - wenngleich offiziell bestritten wird, dass es dabei um Geld ging. Gerd Immervoll, Stadtwehrleiter von Bernburg, verteidigt das System. Damit spare man Geld, weil nicht bei jedem kleinen Einsatz wie einer Ölspur alle Kameraden alarmiert werden. "So bekommen auch nur die die Pauschale, die tatsächlich vor Ort sind."

Gänzlich neu sind Diskussionen um Aufwandsentschädigungen für Feuerwehrleute indes nicht. Im vergangenen Jahr empörten sich Bitterfelder Brandbekämpfer, als ihnen die gewohnten fünf Euro pro Einsatz gestrichen wurden. In der neu gebildeten Stadt Bitterfeld-Wolfen waren sie indes die einzigen, die sie bekamen. Ihr Aufschrei hatte Erfolg: Inzwischen gelten 5,50 Euro pro Einsatz für alle - auch für die, die bislang ohne Ausgleich etwa mit dem Privatwagen zum Gerätehaus fuhren. Größeren Ärger oder Abwanderungen nach Bitterfeld habe es damals nicht gegeben. Grundsätzlich aber sei nun gesichert, "dass Feuerwehrleute nicht noch draufzahlen", sagt Pascal Bommert, Sprecher der Wolfener Ortsfeuerwehr.

Brandbekämpfer bei der Stange halten, neue werben: Das gewinnt angesichts der demographischen Entwicklung an Bedeutung. Nüchterne Statistik: Von 1 672 freiwilligen Feuerwehren im Land sind nur 572 rund um die Uhr einsatzbereit. Zwar sei noch überall gewährleistet, dass nach 14 Minuten eine Feuerwehr am Einsatzort ist, sagt Innenministeriums-Sprecher Martin Krems. "Aber die Kommunen erkennen, dass sie vorausschauend etwas tun müssen."

Bernburg macht das seit Anfang der 90er Jahre - seitdem bekommen die Kameraden für freiwilligen Dienst Geld. Damals habe man die Attraktivität des Ehrenamtes steigern wollen, erklärte Immervoll. Vor der Zusammenlegung der einzelnen Feuerwehren waren es im Monat 102 Euro pro Kopf.

Die Regel sind solche Zahlungen im Land nicht. "Und all das, was man lernen muss und an Zeit einsetzt, ist damit ohnehin nicht bezahlt", sagt ein Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes. Wenn sie nachts um drei aus dem Schlaf gerissen werden, sei es vielen sogar egal, ob sie dafür zehn Euro kriegen. "Wegen des Geldes wird niemand zur Feuerwehr gehen", betont auch die Sprecherin des Bundesverbandes, Silvia Darmstädter.

56 Orte zahlen für Rente

Inzwischen honorieren indes immer mehr Kommunen das Engagement ihrer Brandbekämpfer. So zahlen 56 Städte und Gemeinden in die seit zwei Jahren existierende Feuerwehrrente ein. Mit 29 seien Verträge in Arbeit, sagt Wolfgang Kirkamm, Sprecher der Öffentlichen Versicherungen Sachsen-Anhalt. "Die Tendenz ist stark zunehmend." Ein- oder zweistellige Beträge pro Mitglied und Monat zahlen Kommunen - die Feuerwehrleute selbst entscheiden, ob sie die Beträge aufstocken. 3 007 Brandbekämpfer und Katastrophenschützer nutzen heute die Rente, vor einem Jahr waren es knapp 1 000.

Neue Wege geht auch Staßfurt (Salzlandkreis): Ab heute erhalten aktive Feuerwehrmitglieder der Stadt und ihrer eingemeindeten Orte als Anerkennung und Anreiz preiswerteren Strom von den Stadtwerken. 0,3 Cent pro Kilowattstunde ist er billiger. Für einen durchschnittlichen Haushalt sind das laut Stadtwerk rund 22,50 Euro Ersparnis im Jahr. Und es soll nach weiteren Vergünstigungen gesucht werden - ein Vorschlag war zum Beispiel die kostenlose Nutzung von Freizeiteinrichtungen.

Auch in Bernburg soll bald wieder Frieden einziehen. Die Aufwandsentschädigungen für Ortswehrleiter sind bereits aneinander angeglichen, über den Rest soll jetzt zunächst intern beraten werden. Löschen werden die Brandbekämpfer so oder so.