Sonntag, 3. April 2011

Wärmebild

Oberösterreich: Ein "warmes" Schwein im Feuerwehrmagazin


Ein Cartoon mit vier Schweinen und einer Wärmebildkamera sorgt für Aufregung: Wie viel Spaß verträgt das Thema Homosexualität bei der Feuerwehr?

Drei Schweine in Feuerwehruniformen stehen in einer Reihe. Ein viertes Schwein hält eine Wärmebildkamera auf die Gruppe und erkennt klar: Der Kamerad in der Mitte strahlt mehr Wärme ab, als die anderen beiden. Daraufhin kommt die Erkenntnis: "Aha! Jetzt wissen wir, warum du nie eine Freundin hast, Kunibert!" Diese gezeichnete Szene ist Teil der Cartoon-Reihe "Die Kameradenschweine" und erschien im Magazin "Brennpunkt" (1/2011), dem offiziellen Heft des Oberösterreichischen Landesfeuerwehrverbands.

Der Cartoon spielt klar mit dem Klischee, dass homosexuelle Männer "Warme" seien und sich diese Tatsache sogar durch eine Wärmebildkamera erkennen ließe. "So what, wo ist der Witz?", fragt Christian Högl, Obmann der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien. Prinzipiell würde Högl versuchen, nicht bei allen Witzen und Bemerkungen "Homophobie zu wittern", doch bezeichnet er den erwähnten Cartoon als "mehrfach problematisch".

Von rosa Uniformen und Parfumflakons

So würde es Högl bedenklich finden, dass bereits "der Verdacht, dass ein Kamerad Männer statt Frauen lieben könnte, reichen soll, um Heiterkeit auszulösen". Er würde es sogar lustiger finden, wenn der Zeichner mit den "angeblich unmännlichen Verhaltensweisen homosexueller Männer" spielen würde: Kunibert eine rosarote Uniform verpasst oder ihn mit einem Parfumflakons zum Löscheinsatz geschickt hätte. "Auch extrem homophob und genauso geschmacklos, aber der Cartoon enthielte wenigstens eine Pointe", sagt Högl.

Stefan Strasser, der Zeichner von "Kameradenschweine", sagt, dass die besagte Zeichnung eine Auftragsarbeit für das unabhängige Magazin "Feuerwehrobjektiv" vor einigen Jahren gewesen sei. Das vorgegebene Thema: Wärmebildkameras. "Das war wohl das witzigste, was mir damals dazu einfiel", sagt Strasser. Eine Diskriminierung Homosexueller habe er dabei aber sicher nicht im Sinn gehabt. "Ich finde Cartoons spielen fast immer mit Stereotypen und Vorurteilen und dürfen ruhig auch mal provozieren", so der Zeichner. Der Ansicht ist auch Hermann Kollinger, Chefredakteur von "Brennpunkt": "Meiner Meinung nach ist es nicht Aufgabe einer Zeitung, etwas anzuzünden. Der Cartoon sollte zum Schmunzeln bringen, aber sicher niemanden diskriminieren." Außerdem würde die Zeichnung nur "den normalen Umgangston" treffen.

Diskussion als Auftrag

Die Diskussion um die Zeichnung sieht der stellvertretende Landesfeuerwehrkommandant in Oberösterreich, Wolfgang Kronsteiner, als Auftrag. "Wir müssen herausfinden, welcher Grad an Sensibilisierung unsererseits notwendig ist, wenn es um solche Themen geht." Dabei verweist Kronsteiner auf seinen Zivilberuf bei der Arbeiterkammer, in dem er auch eng mit der Diskriminierungsstelle zusammenarbeite. "Ich würde den Cartoon eher so interpretieren, dass jede Frau und jeder Mann bei der Feuerwehr aufgenommen und akzeptiert wird, unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sexueller Orientierung", sagt Kronsteiner. Auch Stefan Strasser fände es "super, wenn man sich eines Tages vor dem Outen bei der Feuerwehr nicht mehr fürchten müsste."

Dem hält HOSI-Obmann Christian Högl entgegen, dass es in männerdominierten Umgebungen wie auch bei der Feuerwehr, "leider nur wenige gibt, die sich in diesem Setting trauen, zu ihrer sexuellen Orientierung zu stehen" - und fügt hinzu: "Der Cartoon leistet dazu sicher keinen positiven Beitrag."

Begriffserklärung:

Christian Högl (Obmann der HOSI Wien) über den Ursprung des Wortes "Warmer" für homosexuelle Männer (per E-Mail):

Der Ursprung des Begriffs ist nicht eindeutig geklärt. Wahrscheinlich ist eine Deutung, wonach Schwule gerne an warmen Orten, sprich in Bädern und Saunen, nach Kontakten suchten. Einen anderen Ursprung lassen die inzwischen veralteten Begriffe Bochana und Ghazta ("Gebackener" und "Verheizter") in der Wiener Mundart vermuten. Die deuten - so wie das englische "Faggot" (= Schwuchtel, ursprünglich "Reisigbündel, Holzbündel") auf ein Schicksal hin, das Schwule im Mittelalter ereilt hat: Sie wurden am Scheiterhaufen verbrannt.