Montag, 5. Juli 2010

Welch Meilensteine

Tirols Landeshuaptmann Günther Platter zieht im TT-Interview Bilanz über zwei Jahre Regierungsarbeit. Agrargesetz, Rettungswesen und Hypo-Bank-Neuordnung bezeichnet er als Meilensteine, die Schaffung von Arbeitsplätzen als Herausforderung.

Herr Landeshauptmann, wie schaut Ihre Bilanz nach zwei Jahren an der Spitze der Landesregierung aus?

Platter: Ich bin sehr zufrieden, was die Regierungsarbeit betrifft. Wir sind als Team erfolgreich, haben gezeigt, dass wir keine Politshow veranstalten und auf aggressive Schlagzeilen aus sind. Wir haben Meilensteine gesetzt, aber es ist noch einiges zu tun.

Welche Meilensteine?

Platter: Bei den Agrargemeinschaften haben wir einen Paradigmenwechsel zustande gebracht und in Gesetzesform gegossen. Die Ausschreibung für eine Neuordnung des Rettungswesens haben wir trotz heftigster Auseinandersetzungen erledigt. Ich denke auch an die Weichenstellungen bei der Hypo-Tirol-Bank. Und dann ist da auch meine Ansage, dass ich Tirol zum familienfreundlichsten Land entwickeln will. Die gravierendste Herausforderung war und bleibt aber die Arbeits- und Wirtschaftssituation im Land. Trotz schwieriger Bedingungen blieb die Arbeitslosenquote fast stabil.

Hannes Gschwentner hat die Regierung mit einem Fußballteam verglichen und die SPÖ als Spielmacher, Sie aber als Non-playing-Captain bezeichnet.

Platter: Ich glaube, es ist hinlänglich bekannt, wer den Ton im Land und in der Regierung angibt. Ich bin daran interessiert, dass die vorgegebenen Themen konsequent umgesetzt werden. Es ist also jedem klar, wer der Chef im Ring ist.

Was sagen Sie zur SPÖ? Nettes Beiwagerl oder mehr?

Platter: Die SPÖ ist ein guter Regierungspartner, Hannes Gschwentner Garant für gute Arbeit. Deshalb können wir gemeinsam eine gute Bilanz ziehen. Wir sind als Team angetreten mit klaren Vorstellungen. Deshalb ist auch der Erfolg ein gemeinsamer.

Die Knackpunkte im ersten Halbjahr 2010 waren Kinderbetreuung, Agrargemeinschaften und Rettungswesen. Da gab’s durchaus unterschiedliche Positionen, auch parteiintern.

Platter: Bei der Novellierung des Gesetzes war das Erkenntnis zu 100% umzusetzen. Da hat es bei mir keinen Spielraum gegeben, damit die Gemeinden zu ihrem Recht kommen. Beim Rettungsgesetz ist man einen neuen Weg gegangen, der durchaus unüblich war. Ziel war, das Rettungswesen für die nächsten Jahre finanziell kalkulierbar zu organisieren, ohne dass die Qualität der Versorgung darunter leidet. Die Opposition hat nur Ängste geschürt, insbesondere bei den vielen freiwilligen Helfern. Ich bedaure das sehr. Jetzt ist die Tiroler Bietergemeinschaft deutlich Bestbieter und die Opposition spricht schon vom nächsten Skandal. Das kann niemand mehr ernst nehmen.


Hätte man nicht zuerst die Tiroler Anbieter an einen Tisch holen und sich so den ganzen Ausschreibungswirbel sparen können?


Platter: Jetzt haben wir alle in Tirol tätigen Rettungsorganisationen in einem Boot. Das war bis jetzt nie machbar. Und mit ein bisschen nett reden läuft das nicht. Da braucht’s den notwendigen Druck einer Ausschreibung. Es wird künftig notwendig sein, dass man offene Bücher vorfindet, so dass man eine ordentliche Prüfung vornehmen kann. Nicht zuletzt geht es darum, dass auch die Strukturen innerhalb der Bietergemeinschaft klar organisiert werden. Man sieht jetzt ja am Beispiel des Roten Kreuzes Schwaz, dass da strukturell doch einiges zu erledigen ist.


Ist das ein Auftrag an das Rote Kreuz, die Struktur zu bereinigen? Die Landesorganisation hat derzeit ja kein Durchgriffsrecht auf die Bezirksstellen.


Platter: Das ist eine Angelegenheit des Roten Kreuzes. Das Rettungsgesetz steht, in diesem Rahmen muss sich das Rote Kreuz bewegen.

Thema Agrargemeinschaften: Sind Sie zufrieden mit der Umsetzung des neuen Gesetzes?

Platter: Sehr zufrieden sogar. Der Chef der Agrarbehörde, Mag. Bernhard Walser, leistet sehr gute Arbeit. Das Gesetz ist ja noch nicht lange in Kraft. Deshalb sind die Wortspenden von manchen Oppositionspolitikern, dass jetzt schon alles erledigt sein soll, ja geradezu absurd. Aber die beschäftigen sich ohnehin nicht mit dem Thema, sondern nur damit, welche Sprüche man gut über Medien transportieren kann. Ich stelle fest, dass wir in 90% der Fälle gut vorankommen und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Natürlich gibt es Agrargemeinschaften, die bis zum Verfassungsgerichtshof kämpfen, was in einem Rechtsstaat nicht verhinderbar ist. Ich verhehle aber auch nicht, dass es einige wenige schwarze Schafe gibt. Hier werden sich das Land und die Behörde aber nicht in die Knie zwingen lassen.

Thema Krise und Sparpaket: Wo und wie massiv muss eingespart werden?

Platter: Die Ausgangslage Tirols ist gut. Was das Budget und den öffentlichen Haushalt betrifft, liegt Tirol unter den Top drei in Österreich, außerdem sind wir 100prozentiger Eigentümer der Landesunternehmen, was sonst nirgends der Fall ist. Aber wer in der Zukunft handlungsfähig sein will, muss jetzt die Weichen stellen. Das haben wir mit dem Budgetpfad 2010 bis 2014 gemacht, der Einsparungen in allen Bereichen vorsieht. Davon ausgenommen sind die Zukunftsbereiche Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und die Kinderbetreuung. Tatsache ist: Wir müssen in den nächsten Jahren den Gürtel enger schnallen. Ich bestehe darauf, dass dieser Budgetpfad eingehalten wird.

Einhaltung Budgetpfad und Schaffung bzw. Erhaltung von Arbeitsplätzen sind die wichtigsten Aufgaben für den Rest der Legislaturperiode?

Platter: Der Bildungsbereich wird ein zentrales Thema im Herbst sein. Gemeinsam mit dem Landesschulratspräsidenten und der Bildungslandesrätin arbeiten wir derzeit gerade unsere Vorschläge aus. So ist für mich durchaus vorstellbar, dass die Länder bis hin zur Matura die Zuständigkeit und Verantwortung übernehmen. Ein weiteres Thema ist die Balance zwischen dem ländlichen Raum und den Städten. Der ländliche Raum darf nicht aussterben. Hier sind wir massiv gefordert.

Wie groß ist derzeit der Tiroler Einfluss in Wien? Beim Brennerbasistunnel z. B. schaut es so aus, als ob Tirol am Abstellgleis steht.

Platter: Das ist deutlich geklärt, sonst hätte sich nicht letzte Woche der Finanzminister eindeutig für den Basistunnel ausgesprochen. Damit ist das für mich innerparteilich erledigt. Dass bei der SPÖ derzeit wahltaktische Zusagen gemacht werden, nehme ich zur Kenntnis. Sage aber andererseits, dass damit die Entscheidung für den Basistunnel auch klar sein muss. Aber ich werde jetzt nicht polternd und mit Schaum vor dem Mund durch die Gegend ziehen, sondern im Hintergrund die Fäden ziehen.

Hätten Sie sich beim Tunnel ein stärkeres Wort von der Tiroler SPÖ gewünscht?

Platter: Wir arbeiten auch da ergebnisorientiert. Jetzt sind nicht große Worte über die Medien gefragt, sondern Diplomatie.