Freitag, 20. Januar 2012

Tirolter Rettungsdebakel - schlechter und teurer?

Tiroler Rotes Kreuz rechnet mit höheren Rettungskosten
Streit um finanzielle Lage von Rettungsdienst: Bürgerforum spricht von Notzuschuss von drei Mio. Euro, LR Tilg von vorgezogenen Zahlungen.

Innsbruck – Kostet das am 1. Juli 2011 in Kraft getretene neue Rettungssystem mehr als die inzwischen valorisierten 29, 4 Mio. Euro? Darüber ist am Sonntag eine heftige Debatte entbrannt. Bürgerforum-Klubchef LA Bernhard Ernst erklärte, dass das Land Tirol in der Vorwoche einen Sonderzuschuss von drei Mio. Euro gewähren musste und im März noch einmal 1,5 Mio. Euro überweist, damit der Rettungsdienst über die Runden kommt. Gesundheits-LR Bernhard Tilg (VP) verweist hingegen auf eine Umstellung der Zahlungen. „Wir nehmen jetzt mehr Geld in die Hand, weil es in der Anfangsphase höhere Aufwendungen gibt.“ Letzteres bestätigt der Geschäftsführer des Roten Kreuzes und Aufsichtsrat in der Rettungsdienst-Gesellschaft Thomas Wegmayr.

Derzeit müsse vieles vorfinanziert werden, erklärt Wegmayr. „Deshalb wurden Zahlungen vorgezogen, damit es keinen Liquiditätsengpass gibt.“ Im März/April liege die Schlussrechnung vor, da werde man sehen, wie viel die Umstellung gekostet hat. Für Wegmayr gibt es allerdings Mehrkosten, die nicht nur durch Einsparungen und Optimierungen abgedeckt werden könnten. „Wir erbringen zweifellos Mehrleistungen. Mit dem Land wurde vereinbart, dass diese abgegolten werden.“ Die Mehrkosten stehen noch nicht fest. Kolportiert werden rund 1,4 Millionen.

„Die Rettung wird nicht besser und billiger, sondern schlechter und teurer“, kritisiert Bernhard Ernst. Der Rettungsdienst habe seine Hausbank sogar um Erhöhung des Kreditrahmens ersuchen müssen. „In einer finanziellen Notoperation muss das Land, sprich die Steuerzahler, im Frühjahr 4,5 Millionen frisches Geld zuschießen.“ Ernst beruft sich außerdem auf interne Berechnungen des Rettungsdienstes, der 2012 von einem Aufwand von 35,8 Millionen ausgehe. „Die im Landesbudget vorgesehenen 14,5 Mio. Euro für das Rettungssystem und die 8,9 Mio. Euro für die Notärzte scheinen nicht zu reichen.“

Tilg weist diese Zahlenspielereien zurück. Die valorisierten Ausgaben der öffentlichen Hand zum bodengebundenen Rettungsdienst 2012 würden rund 29,4 Mio. Euro betragen. „Hinzu kommen seitens der Bietergemeinschaft Einnahmen für private Krankentransporte von drei bis vier Millionen Euro. Die Zahlungen von drei und 1,5 Mio. Euro wurden einvernehmlich vorgezogen, um der Bietergemeinschaft genügend Handlungsspielraum zu geben.“ Für Tilg handelt es sich dabei um eine Vorfinanzierung. „Sie ist notwendig, weil die tirolweite Umstellung ein Großprojekt ist, bei dem erwartungsgemäß in den ersten Jahren gewisse Umstellungserfordernisse eintreten können.“ So erwirtschafte das Rote Kreuz einen großen Teil seiner Privateinnahmen in der Wintersaison von ausländischen Patienten. Diese Rechnungen würden oft erst im Frühjahr bezahlt. Letztlich werde eine Wirtschaftsprüfungskanzlei in den kommenden Monaten den Rettungsdienst prüfen.

Auf die Kritik des Bürgerforums, dass 25 Prozent der Einnahmen aus den privaten Krankentransporten das Land erhalte, kontert Tilg ebenfalls. „Der Grund dafür ist, dass die Fahrzeuge und das Personal von der Öffentlichkeit finanziert und bereitgestellt werden. Das kostet knapp 30 Mio. Euro im Jahr.“ Wenn unversicherte Patienten aus dem Ausland Rettungseinsätze oder Krankentransporte benötigen, dann sollte das nicht die öffentliche Hand bezahlen müssen.

Die Grünen sprechen ebenfalls von einem Rettungsdebakel. „Die Landesregierung hat geglaubt, man könne bei der Rettung einen Porsche bestellen und einen Golf bezahlen. Jetzt stellt sich heraus, dass man doch den Porsche bezahlen muss“, sagt LA Gebi Mair. Die Vereinbarung über jährlich 100.000 Euro für den Katastrophendienst diene nämlich auch zur Abdeckung der Rettungskosten. „Stimmt nicht“, entgegnet ihm RK-Geschäftsführer Wegmayr.

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